AsJ Baden-Württemberg

 

Mehr Steuergerechtigkeit wagen

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Die Landeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) Baden-Württemberg am 10.07.2010 in Karlsruhe verlangt mehr Steuergerechtigkeit.

Der Faktor Arbeit wird in Deutschland deutlich stärker mit Steuern und Sozialabgaben belastet als in allen anderen OECD-Ländern, noch dazu mit unsozialem Gefälle: denn bei alleinstehenden Geringverdienern und Alleinerziehenden fällt die Belastung besonders hoch aus, so der wiedergewählte ASJ Landesvorsitzender Michael Wirlitsch, Rechtsanwalt aus Konstanz.
Auch die Finanzexpertin Nicolette Kressl MdB, finanzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, die das Hauptreferat hielt, sprach sich für mehr Steuergerechtigkeit aus.
Vermögen werde in Deutschland im Vergleich mit anderen europäischen Ländern unterdurch-schnittlich besteuert, so die Finanzexpertin Kressl. Deshalb fordere die SPD die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Die von der schwarz-gelben Regierungskoalition präferierte Bankenabgabe beziehe die Verursacher der Krise nicht mit ein, sondern schaffe nur einen Rücklagenfonds für künftige Krisen. Das sei geradezu eine Aufforderung zu weiteren spekulativen Transaktionen und zum „moral hazard“.
Steueroasen müssten stärker unter Druck gesetzt werden. Eine bundesweite einheitliche Grundlage zum Umgang mit Steuer-CDs sowie eine gesetzliche Verpflichtung zum gleichmäßigen Steuervollzug seinen dringend erforderlich.
Steuerentlastungen seien angesichts des Zustands der öffentlichen Haushalte nicht möglich, stellte Nicolette Kressl fest. Allein die Mehrwertsteuersenkung für Hotelübernachtungen koste weit mehr als durch die Streichung des Elterngeldes bei Hartz IV-Empfängern kompensiert werde.
Steuerhinterziehung müsse stärker geahndet werden, so die Finanzexpertin Kressl.
So habe die SPD-Bundestagsfraktion einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr zulasse.
Der ASJ- Landesvositzende Michael Wirlitsch, Rechtsanwalt aus Konstanz, ergänzte hierzu:
Der im Mai 2010 veröffentlichte Beschluss des 1. Strafsenats des BGHs geht in die gleiche Richtung wie dieser Gesetzesentwurf. Nach Auffassung des 1. Strafsenats wird eine Straffreiheit nur dann möglich sein, wenn ein Steuerhinterzieher für alle Konten reinen Tisch macht. Eine Teilselbstanzeige reiche nicht aus. Eine Selbstanzeige kommt dann zu spät, wenn die Behörde den Steuerhinterziehern schon auf der Spur sind.
Michael Wirlitsch präzisierte die Vorstellungen der ASJ zur Änderung des § 371 der Abgabenordnung in-dem er sie in 3. Forderungen zusammenfasste:
• Anstelle genereller Straffreiheit soll eine fakultative Strafmilderung treten; nur ausnahmsweise kann von Strafe abgesehen werden.
• Soweit die Finanzbehörde zuständig ist, darf sie nur mit Zustimmung der Staatsanwalt-schaft von dieser Vorschrift gebrauch machen.
• Stellt sich später heraus, dass die Selbstanzeige falsch oder unvollständig war, muss eine Wiederaufnahme zu ungunsten des Anzeigenden möglich sein.
Den Plänen der Bundesregierung, die Gewerbesteuer abzuschaffen, erteilte Nicolette Kressl eine klare Absage. Damit ginge die kommunale Eigenständigkeit verloren und ein Wettkampf der Kommunen untereinander würde entbrennen.
Bei den anschließenden Wahlen zum ASJ-Landesvorstand wurde Michael Wirlitsch, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Konstanz, als Landesvorsitzender ebenso wie seine Stellvertreter Kristin Keßler und Lars Naumann (beide Stuttgart) bestätigt.
Ferner gehören dem ASJ-Landesvorstand als Beisitzer an Gisela Fischer (Karlsruhe-Stadt), Johannes Fechner (Emmendingen), Philip Hafner (Bodenseekreis), Frank Heuß (Neckar-Odenwald-Kreis), Uwe Kaltenmark (Tübingen), René Repasi (Karlsruhe-Land) sowie Armin Nack und Dejan Perc und Hartmut Schnelle (alle Stuttgart).